Sicher ist es ihnen auch schon einmal so ergangen- sie sitzen im Zirkus und schauen fasziniert dem Schlangenmenschen zu, der sich gummiartig verbiegt und Bewegungen vollführt, die sich unsereins noch nicht einmal zu vorstellen vermag. Sie fragen sich nun garantiert, wie dies überhaupt möglich ist, wo sie doch nicht mal mit gestreckten Beinen die Hände auf den Boden legen können.

Eine mögliche Erklärung für diese starke Überbeweglichkeit könnte eine spezielle Erkrankung des Bindegewebes sein, genannt das Ehlers-Danlos-Syndrom oder auch kurz EDS. Den Namen verdankt diese Erkrankung zwei Ärzten (Edvard Ehlers und Henri-Alexandre Danlos), die sich vor etwas mehr als 100 Jahren intensiv damit auseinandergesetzt und dann auch näher beschrieben haben.

EDS wird auf verschiedenen Wegen vererbt und tritt nur sehr selten auf. Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa 5.000 Menschen davon betroffen.

Die Betroffenen leiden unter einer Vielzahl von Symptomen, da eine Störung im Kollagenaufbau zugrunde liegt. Dieses ist Teil der Struktur des Bindegewebes, womit dieses seinen eigentlichen Funktionen nicht ausreichend nachkommen kann. Das Bindegewebe schützt z.B. Muskeln, Knochen, Organe, Gefässe usw. und verleiht ihnen Stabilität.  Ist der Aufbau gestört, kommt es zu charakteristischen Symptomen wie überstreckbare und teilweise verformte Gelenke, gestörte Wund- und Narbenheilung und häufige Hämatome, überdehnbare aber auch schnell verletzbare Haut, chronische Schmerzen, Gefässveränderungen und Eingeweidebrüche etc. Die Symptome können individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.

Seit 1997 gibt es die sogenannte Villefranche-Klassifikation, die vor allem als Richtlinie und zur einfacheren Diagnostik dienen soll und gleichzeitig EDS von anderen Erkrankungen abgrenzt. Laut dieser Klassifikation werden sechs  Typen unterschieden, andere Formen als diese treten nur sehr selten auf. Unterschieden werden:

  • Klassischer Typ
  • Hypermobiler Typ
  • Vaskulärer Typ
  • Kyphoskoliotischer Typ
  • Arthrochalasischer Typ
  • und Dermatosparaktischer Typ

In der Klassifikation werden die Genlokalisation und Hauptkriterien beschrieben, die Symptome sind teilweise überlappend.

Der Weg bis zur gesicherten Diagnose EDS ist schwierig und dauert häufig viele Jahre.

Eine Heilung ist bis jetzt nicht möglich, weswegen therapeutisch in erster Linie die Symptome behandelt werden. Dazu zählen unter anderem regelmässige ärztliche Kontrollen, Medikamente, psychologische Unterstützung, angepasste Lebensweise (Ernährung, Sport, Verletzungsvermeidung usw.). Auch die Ergotherapie kann mit sanftem Kraft-, Stabilitäts- und Balancetraining unterstützen, ebenso wie mit der Beratung von Hilfsmitteln und ergonomischen Anpassung. Aber auch prophylaktisch, um weitere Verletzungen oder Sekundärschäden zu vermeiden. Wichtig ist auch ein individueller Alltagsbezug und Hinzuziehen des Patientenumfeldes, um den Patienten bestmöglich zu unterstützen und auch emotional und psychisch zu stärken. EDS bedeutet lebenslängliche Einschränkungen, die mehr oder weniger stark ausgeprägt sind, ein progredienter Verlauf ist häufig.

Auch ein Austausch mit anderen Erkrankten, beispielsweise in einer Selbsthilfegruppe, kann für viele Betroffene ein wichtiger Schritt sein, um mit dieser Erkrankung und dem Leidensdruck besser umgehen zu können.

Mit freundlichen Grüßen | Judith Batti | Dr. Frank & Partner Zürich