Eine Subluxation bezeichnet eine unvollständige Ausrenkung eines Gelenks, wobei der Gelenkkopf sich noch teilweise in der Gelenkspfanne befindet. Auf die obere Extremität bezogen bedeutet dies eine Fehlstellung des Humeruskopfes zur Gelenkspfanne. Solch eine Subluxation kann bei fast 80% aller Hemiplegiepatienten in der Frühphase festgestellt werden.

Schmerzen sind mit diesem Phänomen meist nicht verbunden. Viele der Betroffenen merken kaum, dass etwas mit ihrer Schulter nicht in Ordnung ist. Genau deswegen ist ein adäquater Umgang und eine umfassende Aufklärung des Patienten unerlässlich, da durch die Subluxation ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht.

Grundlagen

Kommt der Patient zur Therapie, wird in der Befundaufnahme das aktive und passive Bewegungsausmaß der betroffenen oberen Extremität festgestellt, wobei es zu Schmerzen kommen kann. Diese entstehen entweder weil der Patient selbst Strukturen bei Bewegung einklemmt oder weil ein Therapeut bis zum Schmerz mobilisiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei jedem Schmerz ein Mikrotrauma mit Einklemmung empfindlicher Weichteile erfolgt. Diese können zu einer schmerzhaften Schulter oder sogar zu einem Schulter-Hand-Finger-Syndrom führen.

Im Umgang mit einer subluxierten Schulter sind einige Punkte zu beachten. Der betroffene Arm darf bspw. nicht herunterfallen. Er sollte in allen Positionen korrekt gelagert werden. Beim Transfer darf nicht unter den betroffenen Arm gegriffen oder an ihm gezogen werden und eine passive Mobilisation darf nur mit proximaler Sicherung stattfinden.

Um eine Subluxation adäquat behandeln zu können, muss der Therapeut sich über die Ursache Gedanken machen. Wichtig ist es, die Faktoren der Stabilisation im Bereich des Glenohumeralgelenks zu betrachten. Die Stabilisation wird durch zwei Haltemechanismen gewährleistet. Die Sicherung des Humeruskopfes durch die Rotatorenmanschette stellt den ersten – den aktiven – Haltemechanismus dar. Zudem gibt es einen passiven Haltemechanismus, welcher aus einem gestrafften oberen Kapselanteil, dem Lig. Coracohumerale, dem Labrum Glenoidale sowie einer korrekten Stellung der Fossa Glenoidale besteht. So kann der Therapeut beispielsweise bei der Befundung eine Subluxation palpieren, jedoch verschwindet  oder reduziert sie sich sobald der betroffene Arm aktiv bewegt wird. Außerdem kann häufig eine einhergehende Fehlstellung der Scapula festgestellt werden, welche sich meist durch abnorme Tonusverhältnisse erklären lässt.

Bedeutung des Rumpfes

Der Rumpf ist die Basis unseres Körpers. Er ist mitverantwortlich für alle endgradigen Bewegungen der Extremitäten. So ist beispielsweise bei einer Flexion im Rumpf das endgradige Bewegungsausmaß in Anteversion geringer als bei maximaler Rumpfextension.

Oft werden entlang der Wirbelsäule Schwächen oder eine mangelnde Aktivierung der posturalen Muskulatur gefunden. Darauf reagiert der Patient mit einer Fixation phasischer Muskeln um sich gegen die Schwerkraft zu behaupten. Um eine korrekte Ausrichtung der Scapula und die Regulierung der Tonusverhältnisse passiv zu erreichen, ist hier oftmals eine Intervention auf die Körperstruktur und die Funktionsebene erforderlich.

Bei der Befundung ist es daher wichtig, die Subluxation ganz nebenbei zu palpieren, damit es für den Patienten keinen Aufforderungscharakter hat und sich der Tonus nicht erhöht. Denn initiiert ein Patient eine Bewegung, stellt sich der aktive Haltemechanismus über die Rotatorenmanschette ein und die Subluxation ist nicht mehr zu erkennen. Zudem sollte die scapulastabilisierenden Muskeln ausführlich begutachtet werden.

Relevanz für die Therapie

Wie bereits erwähnt findet sich das Problem meist proximal, wenn der passive Haltemechanismus gestört ist. In diesem Fall im Bereich des hyper- oder hypotonen Rumpfes sowie den resultierenden Fehlstellungen. Deshalb besteht die erste Intervention darin, den Rumpf zu behandeln um die proximale Stabilität und die adäquate Aufrichtung des Rumpfes zu fördern.

Wurde dies erreicht sollten dynamische Anteile und selektive Bewegungen folgen, beispielsweise provozierte Stellreaktionen oder der Transport von Gegenständen.

Anschließend sollte an der Anbindung der Scapula an den Rumpf gearbeitet werden. Hier sollten aktiv und passiv Strukturen in ihrem Tonus reguliert und anschließend in adäquater Stellung in Aktion gebracht werden. Auch taktile Reize sollten in diesem Bereich eingesetzt werden.

Da Patienten häufig zu einem Hypertonus der Flexoren neigen, sollte die exzentrische Muskelaktivität der Flexoren gefordert werden, damit die einzelnen Strukturen auch antagonistisch wirken können. Denn eine einseitige Aktivierung der Extensoren wird nicht zum Ziel führen, wenn die genannten Flexoren ständig gegenhalten.

Soll an der oberen Extremität des Patienten gearbeitet werden, sollte dies so erfolgen, dass der Patient die Möglichkeit hat, sich mehr auf die Stellung der Scapula konzentrieren zu können. Hierdurch kann der Tonus besser reguliert werden. Zum Beispiel liegen die Unterarme des Patienten auf dem Tisch und er soll eine Rumpfflexion ausführen, wobei sich die Unterarme in ihrer Position nicht verändern dürfen. Selbst solche Übungen sind für die Patienten meist nur mit viel Konzentration und Übung korrekt auszuführen.

Weiterführend können sämtliche Armaktivitäten durchgeführt werden.

Bei Anregungen freue ich mich über Kommentare

Mit freundlichen Grüßen | Karin Dick | Dr. Frank & Partner München