Im Laufe der ergotherapeutischen Behandlung bauen Patient und Ergotherapeut eine Patienten- Therapeuten-Beziehung auf. Eine wichtige Rolle dabei spielt ein ausgewogener Umgang mit Nähe und einer nötigen Distanz. Wird diese Beziehung erfolgreich gestaltet, ist der Patient mit der ergotherapeutischen Behandlung zufrieden und der Erfolg der Behandlung wird dadurch beeinflusst. Eine Dysbalance von Nähe und Distanz stellt eine Behinderung für die Klient-Therapeuten-Beziehung da.
Beispiele für distanziertes Verhalten können schroffe, kühle und oberflächliche Handlungen sowie Aussagen sein. Eine übermäßige Nähe zeigt sich im aufdringlichen, gefühlsbetonten bis hin zum anbiedernden Verhalten.
Fühlt der Ergotherapeut sich vereinnahmt, an den Grenzen seines therapeutischen Handelns, können dies Zeichen für ein Ungleichgewicht sein (zu viel Nähe). Beispiele für unausgeglichenes Distanzverhalten sind aus Patientensicht, wenn dieser sich als „Nummer“ behandelt fühlt oder die Behandlung als Fließbandarbeit wahrnimmt (zu viel Distanz).
Wie gestaltet sich nun ein Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz erfolgreich?
Es ist die Aufgabe des Ergotherapeuten mittels Kommunikation und Interaktion eine gesunde professionelle Balance zu wählen. Diese Balance muss von Patient zu Patient neu erarbeitet werden.
Folgende Faktoren können bei dem Umgang mit Nähe und Distanz hilfreich sein:
- Feingefühl für die Situation entwickeln und flexibel auf den Patienten eingehen (Patienten empathisch begegnen)
- freundlich aber bestimmende Aussagen treffen und konsequent handeln
- sich seiner Rolle des Therapeuten bewusst sein und diese stetig reflektieren (im kollegialen Rahmen vornehmen, Supervision nutzen)
- Distanzzonen beachten bzw. sich dieser bewusst sein (situationsbedingt die gesellschaftliche Distanz von 50-80cm einhalten)
- gesunde Abgrenzung und Neutralität wahren (z.B. bei familiären Konflikten keine Seite einnehmen, Probleme des Patienten nicht zu eigen machen)
- Vereinnahmungen bemerken und reagieren (z.B. erlernen „Nein“ zusagen)
- professioneller Austausch (z.B. schwierige Fälle mit Kollegen im Team besprechen)
Machen Sie sich bewusst: am Ende des Tages sind Ergotherapeuten keine Maschinen, sondern Menschen, welche ihre eigene Persönlichkeit als Instrument für die Therapie nutzen. Eine ständige Selbstreflexion der eigenen Persönlichkeit und Auseinandersetzung mit der Rolle des Ergotherapeuten ist Vorrausetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Patienten.
Ich freue mich über einen regen Austausch mit Ihnen zu diesem wichtigen und komplexen Thema.
Mit freundlichen Grüßen | Katharina Krause | Dr. Frank & Partner München
Als ich den Artikel gelesen habe dachte ich auch direkt an die drei Grundregeln von Rogers. Besonders wichtig finde ich im Umgang mit Patienten die bedingungslose Wertschätzung und Akzeptanz. Häufig begegnen einem in der Therapie Patienten mit ganz anderen Vorstellungen davon, welche Ziele zu verfolgen für sie wichtig ist, als den eigenen Vorstellungen wo die Einschränkungen zu finden sind. Auch hier ist wichtig den richtigen Umgang mit Nähe und Distanz zu finden. Durch Nähe werden die Therapeuten erfahren, warum gerade diese Ziele für den Patienten so wichtig sind und durch Distanz können sie einen professionellen Weg finden diese Ziele zu erreichen.
Ich habe auch erfahren, dass zu Beginn bereits erwähnt werden soll (besonders bei psychiatrischen Patienten), dass die Ergotherapieintervention ein Prozess ist, der eines Tages wieder beendet wird. So wird es den Patienten bwusst gemacht ,dass es nicht um den Aufbau einer freundschaftlichen Beziehung geht, sondern dass die Behandlung ein Prozess ist, der diese in ihren Fähigkeiten und Einschränkungen unterstützen soll.
Besonders der „Spagat“ bei orthopädisch/neurologischen Patienten, wo man viel Nähe (körperlich) benötigt, um die Behandlung durchzuführen, aber andererseits die Distanz wahren sollte ist nicht immer leicht. Man sollte den Patient zu Beginn immer aufklären, sodass er sich auf die Nähe besser einlassen kann. Um die Distanz zu halten ist das Anreden mit „sie“ z.B. hilfreich.
Ich denke, der Therapeut tut gut daran sich stets an die 3 Grundhaltungen nach Rogers zu halten.
Hier eine kurze Zusammenfassung:
Empathie:
das Einfühlungsvermögen des Therapeuten in die Situation des Patienten und das Ausblenden eigener Probleme.
Kongruenz:
was die Echtheit des Therapeuten beschreibt und aussagt, dass dieser keine aufgesetzte Rolle spielen sollte.
Akzeptanz:
die bedingungslose Annahme und Wertschätzung jedes einzelnen Patienten.
Für mich sind diese drei Grundhaltungen Ausdruck der professionellen Haltung zum Patienten.
Sehr interessante Thematik. Schließlich kommt es aber immer auf die Persönlichkeit des Therapeuten. Manche sind offener, gehen gern in die Tiefe bei den Gesprächen und scheuen nicht aus eigenen Nähkästchen zu plaudern und andere sind verschlossener und bevorzugen klare Regeln und Grenzen, was man auch tolerieren soll. Man sollte Feingespür zeigen und dem Patienten entgegen zu kommen. Manchen Patienten tut es gut, wenn sie etwas menschliche Nähe spüren können, andere grenzen sich lieber ab und verkriechen in eigener emotionalen Höhle. Auch das sollte man einsehen und akzeptieren.