„Mal Hü, Mal Hott – überrumpelt von der eigenen Gefühlswelt“
Selbstregulation, Selbstbeherrschung ist ein langer Erfahrungsprozess, der gleich nach der Geburt beginnt. Ihr Kind lernt schon ab diesem frühen Zeitpunkt seine Gefühle zu erkennen und zu regulieren. Diese Fähigkeit wird in verschiedenen Alltagsituationen immer wieder von ihrem Kind gefordert und dadurch auch trainiert. Ja man könnte sagen, es handelt sich um einen lebenslangen Prozess, der immer wieder an neuen Erfahrungswerten gewinnt. Die eigenen Gefühle einordnen, verkraften und das eigene Verhalten davon bestimmen lassen, viele Eltern sprechen von einem schwierigen Lernprozess, der verständlicherweise nicht immer konfliktfrei verläuft. Kinder sind eben „Stimmungsmenschen“: So registriert die 3-jährige Marie im Kindergarten verärgert, dass sie von ihrer besten Freundin heute nicht beachtet wird. Ein paar Stunden später jedoch mischt das 3-jährige Mädchen beim Malen gelbe und blaue Farbe. Sie empfindet ein gutes Gefühl, wenn der Farbzauber gelingt und äußert ihre Freude, indem sie den Baum auf dem Blatt Papier voller Tatendrang grün anmalt.
Überhäuft von einer Vielzahl an unterschiedlichen Bedürfnissen und Emotionen, kommt es immer wieder vor, dass Kinder nicht wissen, was sie gerade wollen. Etwa beim abendlichen Vorlesen: So macht sich im Kinderzimmer eine entspannte Atmosphäre breit, weil die Mutter des 4-jährigen Josefs genau die Geschichte vorliest, die er sich gewünscht hat. Und plötzlich ganz unerwartet kommt es zur Kehrtwende: Obwohl sein geäußertes Bedürfnis nach Vorlesen gerade befriedigt wird, zappelt der kleine Josef plötzlich im Bett herum und will lieber toben als zuhören. Stimmungsumschwünge sind bei Kindern häufig anzutreffen. Manchmal will ein Kind einfach mehrere Dinge gleichzeitig und muss erst aus Erfahrungen lernen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Verantwortlich für derartige Zwiespälte ist das nicht immer gute Zusammenspiel der oberen und unteren Hirnregionen im Kindesalter. In den oberen Hirnregionen spricht man von einem Erregungsmusteraufbau, der unser Tun beeinflusst. Hingegen in den unteren Hirnregionen im Bereich des Hirnstamms bzw. im limbischen System entsteht gleichzeitig ein emotional geprägtes Erregungsmuster. Oft passen diese beiden gleichzeitig empfundenen Bedürfnisse nicht zusammen und es entsteht ein kleines Chaos in den Kinderköpfen, was sich eben oftmals in Stimmungsschwankungen äußert. Auf Dauer sollte sich kein Kind in seinen Reaktionen durch Impulse aus den emotionalen Zentren des Gehirns behindern oder bestimmen lassen. Auch trotz elterlichem Verständnis für die emotionalen Zwiespälte ihrer Kinder, muss jedes Kind lernen, seine Gefühle so zu erleben und auszuleben bzw. zusteuern, dass er sich nicht selbst und anderen dabei im Weg steht.
Im zunehmenden Alter lernt ihr Kind Impulse mit erlebten Erfahrungen zu verknüpfen und dadurch zu kontrollieren. So verzweifelt der 7jährige Michael nicht gleich, wenn der Füller trotz aufgefüllter Tinte nicht gleich schreibt und versucht mit seiner Frustrationstoleranz im Alltag klarzukommen. Auch versucht der 7 jährige Michael Entscheidungen umsichtig zu überlegen und sein Handeln ist immer mehr von Einsicht und Vernunft geprägt. Das bedeutet vor allem nicht jedem Lustgefühl z.B. beim Essen, Spielen nachzugeben.
Zu dem Lernprozess der Selbstregulation gehört es also sowohl negative als auch positive emotionale Erfahrungswerte zu durchleben und aus den dabei entstandenen Feedbacks ein situationsangemessenes Verhalten aufzubauen. Wichtig in diesem Lern- Erfahrungs-Prozess ist, dass die Erwachsenen, von denen das Kind all das lernen soll, die Kunst der Selbstregulation selbst gut beherrscht. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung zu den Kindern ehrlich zu sein und ihnen die eigenen Gefühle (z.B. ich ärgere mich, dass du deine Schuhe immer noch nicht angezogen hast) transparent darzulegen. “Leben sie also am Besten ihrem Kind vor, dass Selbstdisziplin erlernbar ist.“