Sie haben ein Schmerzmittel verordnet bekommen, öffnen die Packung und lesen sich den Beipackzettel mit den Nebenwirkungen durch … Erschreckend! Doch was hab ich schon für Möglichkeiten – Schmerzen ertragen oder das Risiko der Nebenwirkungen.

Hier die gute Nachricht:

Deutsche Forscher haben herausgefunden, dass bei chronischen Schmerzen alternative Methoden, wie etwa Physiotherapien, langfristig den gleichen Effekt haben, wie starke Schmerzmittel.

Doch zunächst einmal: Was sind eigentlich chronische Schmerzen?

Im Gegensatz zum akuten Schmerz, welcher als Warner und Schützer gilt und wieder verschwindet, sobald die Ursache geheilt ist, haben chronische Schmerzen häufig keine klar erkennbaren Ursachen mehr. Ein chronischer Schmerz kann die Folge einer Gewebeschädigung sein, etwa bei chronischen Erkrankungen und Entzündungen, wie Rheuma oder Krebs. Schmerzen gelten aber ebenfalls als chronisch, wenn diese nach einer Krankheit oder Verletzung deutlich länger bestehen als es beim Heilungsprozess üblich ist. Fachleute definierten: Wenn der Schmerz seit mindestens drei bis sechs Monaten besteht und den betroffenen Patienten physisch (Mobilitätsverlust und Funktions-Einschränkung), psychisch-kognitiv (Befindlichkeit, Stimmung und Denken) und sozial beeinträchtigt, gilt er als chronisch.

Sie leiden unter chronischen Schmerzen, die nicht durch einen Tumor hervorgerufen werden? Sie sind nicht allein! Fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung leidet unter chronischen Schmerzen, sei es durch eine rheumatische Erkrankung wie Arthritis, durch Erkrankung des Nervensystems oder wegen Probleme mit der Rückenmuskulatur oder Wirbelsäule. Natürlich wollen Sie etwas gegen diese Schmerzen unternehmen. Doch wenn Schmerzmittel über einen längeren Zeitraum hinweg eingenommen werden, können diese schweren Nebenwirkungen verursachen, beispielsweise Magenblutungen, Atmungsstörungen oder sogar einen Herzinfarkt.

Wissenschaftler der Berliner Charité und der Technischen Universität Darmstadt haben die Lösung gefunden. Sie bewerteten für die Meta-Studie die Ergebnisse aus insgesamt 3.647 Publikationen in internationalen Fachzeitschriften, von denen letztendlich nur die randomisiert-kontrollierten Studien in die weitere Analyse einbezogen wurden. Die Forscher untersuchten die Langzeitwirkung der unterschiedlichen Behandlungsarten. Sie werteten dafür die Ergebnisse aus 46 Studien aus, an denen 10.742 Patienten teilnahmen. Im Vergleich zu Placebo reduzierten starke Opiode die Schmerzen um 12 Punkte (von 100), schwache Opiode um 10,6 Punkte, einfache Schmerzmittel um 8,4 Punkte, Psychotherapie um 5,5 Punkte und Physiotherapie um 4,5 Punkte. Bei der Schmerzmittel-Therapie war die Aussteigerrate jedoch hoch.

Nach dieser umfassenden Analyse von Einzelstudien stellten sie also nun erstaunt fest, dass „langfristig gesehen die schmerzlindernden Wirkungen von medikamentösen Therapieverfahren klinisch unbedeutend sind im Vergleich zu einem Placebo“, so Professor Stein, Leiter der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin am Campus Benjamin Franklin.

Was bedeutet das?

Über einen langen Zeitraum hinweg erzielt man also mit starken Schmerzmitteln die gleiche Wirkung wie mit nicht medikamentösen physiotherapeutischen und psychologischen Verfahren.

Die Ergebnisse dieser Meta-Studie legen uns also nahe, bei der Behandlung chronischer Schmerzen insbesondere auf die Vermeidung von schädlichen Arzneimittelwirkungen zu achten. Professor Stein betonte: „Bei der Behandlung chronischer Schmerzen, die nicht durch einen Tumor hervorgerufen werden, sollte ein multidisziplinärer Ansatz, also einer, der nicht nur die medizinischen, sondern auch die psycho-sozialen und physiotherapeutischen Aspekte berücksichtigt, im Vordergrund stehen.“

Die Ergebnisse der Meta-Studie können Sie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „British Journal of Pharmacology“ nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen | Cordula Oelschlegel | Dr. Frank & Partner München