Als Ergotherapeut kennt sicher jeder Situationen in denen die Spastik bei einer Hemiparese vermehrt einschießt, obwohl zuvor eine Dehnung oder eine passive Mobilisation vorgenommen wurde und der Ergotherapeut das Ziel verfolgte, die Spastik zu vermindern.

Ein klassisches Beispiel: Man mobilisiert gerade die Hand des Patienten, dieser lacht oder gähnt und sofort zieht die Hand bzw. die gesamte Extremität in das paretische Muster, welches man jedoch gerade versuchte zu vermindern. Auch beim Laufen des Patienten zieht die obere Extremität stark in das paretische Muster, obwohl der Patient willkürlich keinen Tonus in der oberen Extremität aufgebaut hat.

Dieses Phänomen wird nach Bobath als assoziierte Reaktion bezeichnet. Assoziierte Reaktionen sind Reflexe. Somit sind sie der willkürlichen Kontrolle des Patienten entzogen. Die assoziierte Reaktion zeigt sich auf der betroffenen Seite, als auch auf der paretischen Seite des Patienten. Sie entstehen sobald es zu einer Überanstrengung auf der betroffenen Seite kommt. Ebenso können sie entstehen bei einer Überanstrengung auf der ipsilateralen (nicht betroffenen) Seite. Zusätzlich können assoziierte Reaktionen auch auftreten, wenn der Patient sich psychisch bzw. kognitiv überanstrengt. So beispielsweise bei einem Gespräch mit hoher emotionaler Beteiligung. Auch vegetative Komponenten können eine assoziierte Reaktion hervorrufen. Hierzu gehört z.B. das Gähnen oder Lachen.

Die assoziierten Reaktionen sind pathologisch und sollten daher durch gezielte Maßnahmen verhindert werden. Häufig ist es möglich die Unterstützungsfläche zu erhöhen, um eine Überanstrengung des Tonuses entgegenzuwirken. Auch das Verringern der Wiederholungen einer Übung können die Reaktionen vermindern. Insgesamt ist es wichtig, auf die assoziierten Reaktionen zu achten und auf diese adäquat zu reagieren. Denn werden sie nicht beachtet, werden die neu erlernten Bewegungsmuster pathologisch gebahnt. Dies steht jedoch im Gegensatz zum Ziel der ergotherapeutischen Intervention die zum Ziel hat, dass physiologische Bewegungen erlernt werden.

Assoziierte Reaktionen sind jedoch nicht die einzige Pathologie, welche bei einer Hemiparese auftreten können. Darüber hinaus gibt es noch weitere Pathologien, welche nach Perfetti wie folgt beschrieben und bezeichnet wurden: Die abnorme Reaktion auf Dehnung. Diese kann bei der passiven Mobilisation auftreten. Hierbei handelt es sich, um einen erhöhten Widerstand gegen die passiv ausgeführte Bewegung. Zur Verminderung sollte das Ausmaß der Dehnung herabgesetzt werden. Zusätzlich ist das Ausstreichen der Muskulatur hilfreich, um der abnormen Reaktion entgegenzuwirken.

Des Weiteren können abnorme Bewegungsschemata auftreten. Dieser Begriff beschreibt die großen Bewegungsmuster mit viel Körpereinsatz, welche auftreten, wenn eine Regulierungsstörung des ersten motorischen Neurons vorliegt. Ein häufig auftretendes Beispiel hierfür ist das Wernicke-Mann-Gangbild.

Bei einer Hemiparese kann es auch zur abnormen Irradiation kommen. Die Ursache dafür ist, dass die neuronalen Impulse nicht oder nur vermindert reguliert werden können. Das zeigt sich bei willkürlich angestrebten Bewegungen. Wobei über den Körperabschnitt hinaus zusätzlich Bewegungen ausgeführt werden, welche unphysiologisch und unwillkürlich auftreten. Zum Beispiel greift der Patient nach einem Gegenstand im Spitzgriff und streckt gleichzeitig ohne willkürliche Innervation dabei die Digiti drei bis fünf. Durch das Erhöhen der Unterstützungsfläche kann der Therapeut der Irradiation entgegenwirken. Auch durch das Geben von Impulsen an den Schlüsselpunkten kann zum einen das bewusste Wahrnehmen der abnormen Irradiation beim Patienten bewirken und ihm zum anderen die Möglichkeit geben, verstärkt darauf zu achten, dass diese nicht auftreten. So z.B. kann der Therapeut seine Hand auf die Schulter des Patienten legen, um die Elevation der Schulter bei einer feinmotorischen Bewegung zu verhindern.

Eine weitere Möglichkeit der Pathologie bei einer Hemiparese ist das Rekrutierungsdefizit motorischer Einheiten. Das bedeutet, dass der Patient nicht alle motorischen Einheiten reguliert abrufen kann, sodass die Bewegungen in ihrer Qualität und Quantität beeinträchtigt sind. Das tritt vorrangig bei zu häufigen Wiederholungen einer Bewegung auf oder bei der Erhöhung der Schnelligkeit der Bewegung. Hier sollte therapeutisch ebenso darauf eingegangen werden, wie bei den zuvor beschriebenen möglichen auftretenden Pathologien. Die Bewegung sollte in ihrer Übungsanzahl verringert werden und der Patient sollte dazu angehalten die Bewegungen langsamer auszuführen.

Insgesamt sollte innerhalb der ergotherapeutischen Intervention, auch außerhalb der Behandlung einer Hemiparese, darauf geachtet werden, dass die Bewegungen physiologisch durchgeführt werden. Insbesondere beim Erlernen von neuen Bewegungen, wie bei der Hemiparese, sollten jedoch sehr genau darauf achtgegeben werden, dass Bewegungen nicht pathologisch gebahnt werden.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinem Artikel weiterhelfen und freue mich auf Kommentare.

Mit freundlichen Grüßen | Juliane Kugler | Dr. Frank & Partner Berlin