Die Biografiearbeit ist eine wichtige Methode bei der Arbeit mit an Demenz erkrankten Menschen.
Generell geht es hierbei um das Beschäftigen mit der eigenen Lebensgeschichte, welche in allen Lebensphasen erfolgen kann.
Insbesondere bei Dementen ist die Biografiearbeit ein wichtiger Bestandteil der ergotherapeutischen Arbeit. Sie dient der Erinnerung und hilft bei dem erneuten bzw. wiederholenden Erleben der Vergangenheit. Der Rückblick auf den eigenen Lebensweg dient auch zur Festigung der eigenen Identität. Der sich Erinnernde steht im Vordergrund, der Zuhörende dagegen fragt nach und hält sich im Hintergrund. Durch das eigenständige Berichten einer individuellen Lebensgeschichte befindet sich der Erinnernde in einer aktiven und selbständigen Position. Wodurch er sich selbst als Akteur wahrnehmen kann und nicht sich passiv verhält. Das Selbstbestimmen, welche Lebensinhalte erzählt werden und welche nicht, steht bei dieser Methode im Vordergrund. Daraus ergibt sich, dass ein gefestigtes Vertrauensverhältnis zwischen dem Erzählenden und dem Zuhörenden bestehen muss. Das Festigen und Erhalten des eigenen Lebensweges ist besonders bei Menschen mit Demenz von Bedeutung, damit ihre Persönlichkeit möglichst lange erhalten bleibt. Es soll nicht der Lebensweg kritisch hinterfragt werden, vielmehr soll ein gemeinsames Erinnern und erneutes Erleben erfolgen. Die Biografie gibt auch Hinweise auf individuelle Bedürfnisse, welche im Umgang mit dem Erkrankten von Bedeutung sind. Sie kann auch mehr Verständlichkeit für bestimmte Verhaltensweisen erreichen, sodass Angehörige und das soziale Umfeld auch direkter darauf eingehen können. Ebenfalls kann das Erzählen der eigenen Lebenserfahrungen dem Erkrankten Sicherheit geben und ihm somit dabei helfen, sein Selbstvertrauen zu bestärken.
Das Erinnern ist für Menschen eine wichtige Kompetenz….
Sie können über das gemeinsame Erinnern in Kontakt mit anderen treten und erhalten hierüber Bestätigung und Wertschätzung. Diese positiven Gefühle sind wichtig für Demenzkranke, da ihre Gefühlswelt häufig von Versagens- und Rückschrittsgefühlen bestimmt ist. Das gemeinsame Erinnern schützt den Dementen auch vor Isolation und Einsamkeit und somit auch vor Desorientierung und Fremdheit, welche daraus resultieren können. Die eigene Identität bleibt durch die wiederholte Biografiearbeit erhalten. Auch das Vermitteln des eigenen Wissens, errungen durch die eigenen Lebenserfahrungen, steigert den Selbstwert des Erzählenden. Die kommunikativen Kompetenzen werden bei der Biographiearbeit gestärkt, sodass auch die verbale Interaktion gefördert wird.
Vorrangig ist die Biografiearbeit mit alten Menschen gesprächsorientiert. Zusätzlich können Alltagsgegenstände aus der entsprechenden Zeit Erinnerungen zutage fördern. Dies gilt auch für vertraute Gerüche und Geschmäcker. Gegenstände, welche prägnant sind für die Zeitepoche des Erinnernden, können ebenfalls Erzählungen unterstützen. Auch Fotos, Unterlagen und Kleidungstücke können die Biografiearbeit ergänzenden. Das dokumentationsorientierte Arbeiten sollte nach Möglichkeit immer mit einbezogen werden. Gedichte, Lieder und Gebete sprechen die emotionale Ebene des Menschen an. So können Gebete Kindheitserinnerungen wecken. Diese können jedoch sowohl positive Erfahrungen wiederspiegeln als auch negativ geprägte Erinnerungen und Erlebnisse hervorrufen. Das gemeinsame Singen bürgt das Gefühl der Gemeinschaft und schützt so auch vor der emotional empfundenen Einsamkeit.
Insgesamt ist die Biografiearbeit sehr vielfältig und genauso individuell wie all die individuellen Lebensbeschreibungen der sich Erinnernden. Sie kann in der Gruppe als auch in einer eins zu eins Situation erfolgen.
Haben Sie Anregungen zu diesem Thema? Über Kommentare würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen | Juliane Kugler | Dr. Frank & Partner Berlin
Oft habe ich Angehörige um Mithilfe gebeten, zum Beispiel Fotos mitzubringen oder Gegenstände an denen Erinnerungen hängen.
Ich kann mir vorstellen, dass die Zusammenarbeit mit Angehörigen eine sehr grosse Rolle dabei spielt. Wie hast du diese gestaltet?
Häufig schon habe ich mit Patienten ein Erinnerungsalbum erstellt. Man braucht entweder ein schönes leeres Notizbuch oder einfacher und preiswerter ein blanko Schulheft. Dieses haben wir meist gemeinsam schön eingebunden. Auf der ersten Seite erstellten wir einen Stammbaum. Die folgenden waren je eine Doppelseite einen Lebensabschnitt gewidmet, z.B. Eltern, Geschwister, Wohnort, Schulzeit, etc.
Jeder Abschnitt bekommt ein Foto und die dazugehörige Erinnerung.
Pro Therapieeinheit kann höchstens 1 Abschnitt bearbeitet werden.
Mich würde interessieren wie du die Biografiearbeit konkret strukturierst? Hast du vielleicht ein Beispiel aus der Praxis wie du vorgegangen bist, wo du beginnst, was du miteinbeziehst etc?
Wird bei der Biografiearbeit das Erarbeitete für den Patienten dokumentiert, sodass er sich das Gesammelte später noch einmal ansehen kann? Wird z. B. eine Art Album erstellt?