Unser Körper hat viele verschiedene Wahrnehmungssysteme, um Reize und äußere Einflüsse wahrnehmen und verarbeiten zu können. Eines der Wichtigsten ist das taktile System. Über verschiedene Rezeptoren an der Haut werden einzelne Empfindungen über das Rückenmark an das Gehirn weitergeleitet. Im Gehirn können die verschiedenen Regionen des Hirnstamms auf den Reiz reagieren und die unterschiedlichen Einflüsse, wie z.B. Härte, Kälte und Wärme erkennen.

TelefonkontaktDie Haut ist unser größtes Sinnesorgan und umschließt den ganzen Körper. Sie dient daher als Grenze zwischen innen und außen. Auch regelt diese die Beziehung von Körpergeschehen und Umwelt – somit dient sie als erstes Medium sozialen Austauschs.

Durch den Tastsinn lernt das Kind den Berührungen die entsprechende Bedeutung zu geben, wie z.B. Streicheln und Umarmen. Über das Fühlen und Spüren wird dem Kind ermöglicht sich seines eigenen Körpers und seiner Person bewusst zu werden, wie auch angenehme und unangenehme Empfindungen zu unterscheiden.

Die taktile Wahrnehmung existiert ab dem zweiten Schwangerschaftsmonat. Es ist das erste ausgebildete Sinnessystem. Die Berührungsempfindlichkeit entwickelt sich vom Kopf ausgehend zu den Extremitäten. Für ein Ungeborenes ist die Haut das wichtigste Kommunikationsmittel, auf der sich später die verbale Sprache aufbaut. Während der Geburt wird überwiegend die Haut und somit der Tastsinn des Säuglings stimuliert. Durch diese Stimulation leiten die Empfindungsnerven der Haut diese Reize zu den Organen des Säuglings, um diese auf die Eigentätigkeit vorzubereiten.

Bei der Geburt ist der Tastsinn, der von allen Sinnen am besten entwickelte. Kinder, die nicht genügend taktile Erfahrungen machen, laufen Gefahr sozial zu verkümmern und hinken in ihrer geistigen und emotionalen Entwicklung meist hinterher. Das liegt daran, dass dem Gehirn und dem „Gefühlshaushalt“ wichtige Impulse fehlen, die für die soziale, kognitive und emotionale Entwicklung wichtig sind. Die taktile Wahrnehmung wird unterschieden in das protopathische (schützende) System und das epikritische (unterscheidendes) System.

Der Tastsinn lässt sich in unterschiedliche Bereiche gliedern:

Berührungswahrnehmung

Es handelt sich hierbei um eine passive Art der Wahrnehmung von mechanischen Reizen und Berührungen. Es sind beispielsweise Gefühle, die man empfindet, wenn man umarmt wird.

Erkundungswahrnehmung

Hierbei handelt es sich um eine aktive Art der Wahrnehmung, z. B. durch ertasten von Gegenständen. Die Berührung dient zum Zweck der Erkundung. Die Informationen der Gegenstände werden selbst gewonnen. Die Hände, Füße, sowie der Mund spielen hierfür eine wichtige Rolle. Erst mit etwa einem halben Jahr können sie unterschiedliche Materialien mit ihren Händen genauso gut ertasten wie mit dem Mund. Und erst mit 18 Monaten werden feine Unterschiede an Gegenständen mit den Händen genauso gut wahrgenommen.

Schmerzwahrnehmung

Schmerz kann durch viele unterschiedliche Empfindungen ausgelöst werden. Schmerzen, die auf diese Art von der Haut wahrgenommen werden, erhalten wichtige Informationen über die Umwelt. Kinder müssen tasten und ausprobieren können um zu erkennen, ob sie ein Gegenstand sie verletzen könnte oder nicht. Nur wenn der taktile Sinn Reize in ausreichender Zahl und Qualität erhält, kann dieser Sinn sich adäquat entwickeln. Wenn die Wahrnehmung der Haut gestört ist, kann das Kind sehr berührungs- und schmerzempfindlich sein, oft wehrt es sogar Zärtlichkeiten ab.

Doch was bedeutet eine Über-oder Unterfunktion des taktilen Systems? Bei herabgesetztem Berührungsempfinden (hyposensibel) bedarf es intensiver Reize, da geringfügige taktile Empfindungen kaum wahrgenommen werden. Häufige Schmerzunempfindlichkeit, die Suche nach massiven Berührungsreizen und wenig soziale Hemmschwellen sind typische Merkmale. Bei einer taktilen Überempfindlichkeit (hypersensibel)  ist genau das entgegengesetzte Verhalten auffällig.

Die taktile Wahrnehmung kann z. B. durch Materialien mit unterschiedlicher Beschaffenheit gefördert werden. Ein schönes Erlebnis für viele Kinder ist der Barfussparcour, welcher durch verschiedene aneinander gereihte Materialien ein Tastgefühl der besonderen Art für die Füße ist.