Im Laufe der letzten Jahrzehnte ergab sich eine deutliche Veränderung im Erziehungsverhalten. Dort, wo früher strikte Autorität herrschte und später Laissez-Faire Freiheiten gegeben wurden, ist heute ein partnerschaftlicher Erziehungsstil in den Vordergrund getreten. Genauso wie unterschiedlich die Ansätze bei jedem Stil sind, genauso gehen oft die Meinungen über diese auseinander.
Ebenso ist das bei gesetzten Erziehungszielen zu beobachten. Noch vor 40 Jahren wünschten sich Eltern vorwiegend, dass ihr Kind lernen soll bescheiden zu sein, sich zurückhaltend und sich gut in Gruppen integrieren können soll. Heute hingegen steht die Selbstentfaltung im Fokus. Das Kind soll sich ganz individuell entwickeln, lernen, seinen eigenen Weg zu gehen und mit Selbstvertrauen voranschreiten.
Eine konstruktive Diskussion über Pro und Kontras von Erziehungsstilen wird häufig unter Pädagogen und Psychologen geführt. Doch wenn Eltern sich darüber uneinig sind, könnte dies Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten das Kindes haben. Gerade wenn ein Elternteil sehr streng ist, das andere hingegen übermäßig viele Freiheiten gibt, ist es nahezu schon vorprogrammiert, dass das Kind immer wieder mit einem der Elternteile in Konflikt gerät. Jedoch geht es da nicht nur dem Kind so. Auch Eltern, die sich uneinig in der Erziehung sind, reagieren häufig verunsichert, da ja nirgends fest geschrieben steht, was der richtige Weg der Erziehung ist.
Wenn ein Kind nun eine ergotherapeutische Intervention benötigt, aus welchen Defiziten dies auch immer eine Notwendigkeit darstellt, ist es daher häufig sehr wichtig, das Erstgespräch mit beiden Eltern zu führen. Nehmen wir an, ein Junge stellt sich vor. Er ist sehr aktiv, sportlich sehr begabt und liebt es draußen zu sein. Im Kindergarten fällt er durch motorische Unruhe auf, er ist stets in Bewegung und lehnt kreative Aufgaben ab. Diese Tatsache beunruhigt die Mutter sehr. Sie ist selbst sehr kreativ und wünscht sich, dass auch ihr Sohn die Freuden des Gestaltens erfährt. Sie selbst vertritt das Prinzip, das Kind zu nichts zu „zwingen“, daher gelingt es ihr nicht, den Sohn zu Hause zu fördern, da er auch hier kein Interesse am Malen zeigt. Der Vater hingegen ist sportbegeistert. Er findet es nicht schlimm, dass sein Sohn sich in diese Richtung entwickelt und sieht überhaupt kein Problem. Er ist im häuslichen Umfeld eher streng, sehr diszipliniert und versteht die Sorgen der Kindsmutter in keinster Weise.
In diesem Fallbeispiel ergeben sich sehr unterschiedliche persönliche Ziele für das Kind sowie eine unterschiedliche erzieherische Haltung. Daher darf es nicht nur Ziel sein, dem Kind eine adäquate Stiftführung anzustreben und seine Impulsregulation zu fördern, sondern auch das Erziehungsverhalten zu stärken und gemeinsame Erziehungsziele zu erarbeiten.
Im Elterntraining kann der Mutter gezeigt werden, welche Möglichkeiten der externen Motivation angewendet werden können um das Interesse zu steigern. In Elterngesprächen kann ein gemeinsames Wertesystem geklärt werden, um dem Vater die Position der Mutter verständlicher zu machen. Um eine gemeinsame Richtlinie in der Erziehung zu fördern, können in aufgezeichneten Videos von den therapeutischen Settings der Eltern gezeigt werden, dass angewendete Konsequenzen bei Fehlverhalten auf das Kind eher positiv als negativ einwirken.
Eine wichtige Grundlage dafür ist natürlich ein systemisches und holistisches Denken zu entwickeln um die Wichtigkeit der Elternarbeit mit beiden Elternteilen zu erkennen.
Mit freundlichen Grüßen | Sabrina Huschke | Dr. Frank & Partner München