Der 14 jährige Samuel erzählt mir innerhalb der Ergotherapie von seiner Situation zu Hause: Ständig bekomme ich einen „Zusammenschiss“, ich werde dauernd kontrolliert und zurechtgewiesen. Meinen Eltern kann man es nicht recht machen und normal mit ihnen reden schon gar nicht. Ständig werde ich für Kleinigkeiten gerufen, meine ganze Familie nervt mich!“ Samuel sieht momentan keine Lösung für dieses Familienproblem. Seine Strategie ist Flucht nach draußen, Streiten oder Schweigen.

Samuel bekam eine Verordnung für Ergotherapie im Zusammenhang mit der Diagnose ADS. Das Ziel war schwerpunktmäßig Konzentration und Aufmerksamkeit zu fördern und ihn betreffend den Schulschwierigkeiten zu unterstützen. In diesen Bereichen hat er sehr große Fortschritte gemacht und sich innerhalb der schulischen Anforderungen zum Musterschüler entwickelt.

Zur Zeit stehen die sozialen und emotionalen Probleme im häuslichen Umfeld im Vordergrund. Dabei ist das ganze familiäre System mitbeteiligt. Die stärkste Auseinandersetzung findet zwischen Mutter und Sohn statt. Im Elterngespräch teilt mir die Mutter folgendes mit: „Ich laufe an meinen Grenzen, Samuel und die beiden anderen Kinder zu führen und erziehen ist sehr anstrengend. Beruf, Familie, Ehemann und Kinder unter einen Hut zu bringen erlebe ich als sehr schwierig. Neben den Freiheiten die meine Kinder haben, ist es meine Aufgabe, darauf zu achten dass die Regeln konsequent befolgt werden.“

Meine Aufgabe als Ergotherapeutin ist es, als neutrale Person zu vermitteln und zu beraten. Für beide Seiten ist es sehr wichtig, dass ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden kann. Streit und Kontrolle zerren an den Kräften aller beteiligten. Das Ziel ist, dass durch Respekt, Vertrauen und Selbstverantwortung ein angenehmes Zusammenleben möglich wird.

Für Samuel ist es sehr wichtig, dass er einen Ort hat, an dem er diese Themen verbalisieren kann und gleichzeitig Hilfe bekommt. Wir werden mittels Rollenspielen die Kommunikations- und Konfliktfähigkeiten trainieren. Selbstverantwortung übernehmen für eine gute Ausführung von kleinen Haushaltsaktivitäten, wird ebenfalls ein Thema in der Ergotherapie sein. Meine Aufgabe wird es sein, Samuel in seiner Persönlichkeit zu stärken und ihm neue Wege aufzuzeigen für eine größtmögliche Selbständigkeit und Freiheit.

Mit freundlichen Grüßen | Karin Lutter | Dr. Frank & Partner Zürich

3 Responses to Leben mit Jugendlichen – ein Thema für die Ergotherapie?
  1. Die Ergotherapeuten dienen den Jugendlichen als neutraler Anlaufpunkt, hier können sie ihre Probleme und Frust lagern. Sie sind keine Fremde Person, aber auch nicht so eng wie einer aus der Familie.

  2. Ich finde, die Ergotherapie kann in der Arbeit mit Jugendlichen einen wichtigen Beitrag leisten. Hierbei kommt es nicht darauf an, sie mit irgendwelchen Spielen zu unterhalten, sondern eher darauf, dass sie sich aussprechen können.

  3. Der Artikel ist sehr schön geschrieben und beschreibt glaub ich die Situation in vielen Familien ganz gut.

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