Eifrig packt die kleine Sarah ihren Rucksack, denn sie besucht am Wochenende Oma und Opa auf dem Land. Allein bei diesem Satz dürften nun einige Leser in Erinnerungen schwelgen und ein Gefühl von Wehmut empfinden. Gerne erinnert man sich an Zoobesuche mit den Großeltern, wo man sich zum Abschluss des Ausflugs ein Kaugummieis aussuchen durfte und auf jede Frage eine geduldige Antwort bekam.

TelefonkontaktLange Zeit standen Entwicklungsforscher dem Umgang von Großeltern mit ihren Enkeln kritisch gegenüber. Die Großeltern seien nach deren Ansichten zu wenig belastungsfähig, zu nachsichtig und strebten nach überholten Erziehungsstilen. Doch dieses Bild wandelte sich im Laufe der Zeit enorm und Forscher sehen heute eine derartige enge Beziehung zwischen den Generationen als eine große Bereicherung für beide Seiten.

Der Erziehungswissenschaftler Harald Uhlendorff von der Universität in Potsdam geht davon aus, dass „Großeltern den Enkel wichtige soziale Erfahrungen verschaffen, die Kinder zur geistigen Entwicklung anregen und ihnen außerdem emotionalen Beistand sowie Orientierung geben.“ Im Vergleich zu den berufstätigen Eltern und dem damit verbundenen Alltagsstress neigen Ruheständler zu weniger hektischen Verhaltensweisen. Sie können den Enkelkindern meist viel Geduld und Gelassenheit entgegenbringen. Aufgrund des nicht vorhandenen Zeitdrucks ist es Oma und Opa möglich, sich an das Tempo der Kinder anzupassen und Zeit für das gemeinsame Spiel zu entwickeln.

Neben dem vorhandenen Zeitspektrum bieten die Großeltern den Jüngsten viel Geborgenheit und leisten einen wichtigen Beitrag für die emotionale Entwicklung des Kindes. In einer Umfrage laut den Schweizer Forschern um Höpflinger „erinnern sich die Enkel im späteren Alter zwar oft nicht mehr genau, welche Aktivitäten sie mit ihren Großeltern pflegten, sprachen jedoch von einem bleibenden Gefühl der Verbundenheit.“ Für die Kinder zählen dabei vorrangig die Anwesenheit und die Zugewandtheit der Großeltern sowie deren liebevoller, toleranter und humorvoller Umgang mit ihnen.

Kleinere Kinder profitieren in dieser Beziehung aufgrund ihres noch begrenzten Auffassungsvermögens besonders von Omas und Opas Gemächlichkeit. Größere Kinder und Jugendliche erhalten von Seiten der Großeltern meist eine Förderung bezüglicher ihrer Autonomie. Sie erhalten von Oma und Opa einen neuen Freiraum für eigene Entscheidungen und erfahren bei der Bewältigung von schwierigen Aufgaben Lob und Anerkennung. Auch das Orientieren an Normen, Werten und Regeln mit dem jeweiligen Wirkungseffekt spielt in dieser Oma/Opa-Enkelkind-Beziehung eine wichtige Rolle.

Viele Kinder berichten in ihren Erzählungen über ihre Großeltern des Weiteren von unterschiedlichen Verhaltensweisen zwischen Opa und Oma. Während bei Opa meist etwas strengere Regeln das Geschehen prägen und beim Klettern oder Toben auch manchmal körperlich Einsatz gefragt ist, steht bei Oma das fantasievolle Spiel im Vordergrund.

Idealerweise bereichern Großeltern ihren Enkelkinder in mehreren und verschiedenen Persönlichkeitsbildenden Bereichen.

  • sensorisch (z.B. durch Kuscheleinheiten oder spielerisches “Raufen“)
  • motorisch (z.B. mit Ausflügen und gemeinsamen Bewegungs- und Rhythmusspielen)
  • sozial/kommunikativ (z.B. durch das Zuhören und empathische Eingehen auf Sorgen und Probleme)
  • kognitiv (z.B. durch das Vermitteln von Wissen, Lebenserfahrungen und Werten)
  • emotional ( z.B. durch das gemeinsame Erleben von freudigen Emotionen sowie durch den Einsatz von Trost und Lob).

Mit der gestiegenen Lebensqualität können Großeltern allgemein häufiger und oft länger an der Betreuung ihrer Enkel teilhaben und sich dadurch aktiv ins Familiengeschehen auch im höheren Alter integrieren. Viele Großeltern beschreiben das Verhältnis zu ihren Enkelkindern als große Bereicherung und empfinden dabei Gefühle wie Stolz. Der Umgang mit den jüngsten Familienmitgliedern vermittelt dabei den älteren Leuten das Gefühl gebraucht zu werden.

Gleichzeitig kommt es durch den Umgang mit den Enkeln auch zu einer gesundheitlichen Förderung der älteren Menschen. Besonders motorische Aktivitäten wie gemeinsame Ausflüge mit dem Fahrrad aktivieren den Organismus und halten Oma und Opa in Schwung. Auch auf psychischer Ebene führt das Zusammensein mit den Kindern zur Entwicklung von Energie und löst bei den Großeltern Erinnerungen an die eigene Kindheit aus. Vielleicht zeigen Großeltern aus diesem Grund eine große Bereitschaft für Erleben von kleinen, aber dennoch ganz großen Wundern im Alltag.