Jonas ist 1,5 Jahre alt. Obwohl Jonas noch keine differenzierte Wahrnehmung für soziale Prozesse hat, gibt er bereits die rechte Hand zur Begrüßung anderer. Erst später wird sich Jonas fragen, warum eine solche Geste überhaupt notwendig ist. Doch für den Moment freut er sich über das nette Lächeln, dass er von Mama und Papa geschenkt bekommt, wenn er genau das Gleiche macht wie sie.

TelefonkontaktDas „Modellernen“ ist eines von verschiedenen Lerntheorien, die versuchen zu erklären, wie Kinder Verhalten erlernen. Damit ein Kind jedoch von einem „Modell“ lernen kann, müssen verschiedene Voraussetzungen bestehen:

  1. Aufmerksamkeitszuwendung –> Das Kind muss seine Aufmerksamkeit für die Dauer einer Aktion auf das Modell lenken können.
  2. Gedächtnis –> Das Kind muss die Verhaltensschemas so lange speichern können, bis es selbst das Verhalten wiederholen möchte.
  3. Motivation –> Das Kind muss einen Nutzen aus der wiederholten Aktion erkennen.

Wichtig beim Lernen am Modell ist, dass sich das Kind vor allem mit dem Modell identifizieren kann. Dies geschieht z.B. wenn es sich bei dem Modell um ein Elternteil handelt oder auch um ein anderes Kind aus der peer group. Zudem wird ein Verhalten eher nachgehmt, wenn das Modell eine für das Kind höhere soziale Stellung einnimmt oder über eine gewisse „Macht“ verfügt. Reproduziert ein Kleinkind eine bestimmte Aktion, so besitzt es auch eine gewisse Erwartungshaltung was nach dem gezeigten Verhalten passiert (z.b. Lob oder Belohnung erhalten). Entspricht die externe Reaktion den Erwartungen ist die Change hoher, dass ein Verhalten nicht nur nachgeahmt, sondern auch erlernt wird.

Was bedeutet das aber in der alltäglichen Erziehung? Sicherlich hat jedes Elternteil seine eigene Ansicht darüber, was ein „sozial angemessenes“ Verhalten ist. Jede Familie hat seine eigene Vorstellung, wie z.B. ein Abendessen verlaufen soll. Dies ist auch einer von vielen Aspekten, wie sich im Laufe eines Kinderlebens eine Perönlichkeit und ein Verständnis der Welt prägt.

Doch Kinder erlernen im Alltag nicht nur positive Handlungen. Was ist wenn ein Elternteil z.B. eine große Angst vor Spinnen hat? Oder wenn ein Elternteil Zwänge besitzt, die nicht abgelegt werden können? Wie nimmt ein Kind es wohl wahr, wenn Eltern und Großeltern z.B. völlig unterschiedliche Meinungen über äußerliche Erscheinungsbilder in der Öffentlichkeit haben? Alles muss sicherlich nicht erklärt und diskutiert werden, manchmal ist es aber sehr hilfreich dem Kind zu spiegeln und zu beschreiben, warum manchmal Erwachsene für das Kind sehr komische Dinge tun oder merkwürdigen Angewohnheiten nachgehen.

Engen sie sich daher selbst nicht übermäßig ein. Auch ein Kind muss früh lernen, dass Erwachsene andere Angewohnheiten haben dürfen wie Kinder. Nur weil Sie möchten, dass Ihr Kind pünktlich nach dem Abendessen nichts mehr Süßes essen darf, heißt das nicht, dass Sie es nicht tun dürfen. Nur weil Ihr Kind in der 3. Klasse um 20:00 im Bett sein soll, muss es nicht bedeuten, dass Sie dem Gleich tun müssen. Wichtig ist ein gemeinsames Erziehungsziel der Eltern und eine klare Linie bei den gesetzten Regeln, dann wird ein Kind nicht nur positive Verhaltensweisen durch das Modelllernen erlernen, sondern eine Sicherheit gewinnen, wie man sich als Kind in einer großen Welt verhalten soll.