Bei einer Lese- und Rechtschreib-Störung (LRS) handelt es sich um eine umschriebene und eindeutige Beeinträchtigung beim Erwerb der Fertigkeit des Lesens und damit häufig verbundenen Beeinträchtigung des Erwerbs der Fertigkeiten des Schreibens. Beim Lesen fällt es den Kindern schwer in der Lesezeile zu bleiben, sie überspringen oder vertauschen häufig Wörter. Die Kinder „verschlucken“ die Wortendungen und versprechen sich beim laut Vorlesen in besonderem Maße. Die Lesegeschwindigkeit ist meist deutlich herabgesetzt, da die Wörter buchstabenweise erschlossen werden.

Beim Schreiben kann es zu Reversionen kommen, d.h. das Buchstaben senkrecht spiegelverkehrt geschrieben werden, wodurch teilweise der Wortsinn entstellt wird. Auch das Vertauschen der Reihenfolge von Buchstaben innerhalb eines Wortes (Reihenfolgefehler) tritt häufig bei LRS auf. Ebenso wie Dehnungsfehler, bei denen der Buchstabe, der die Dehnung kennzeichnet, weggelassen wird. Auch das Verwechseln von ähnlich klingenden Buchstaben (z.B. „d“ und „t“), das Einfügen falscher Buchstaben bzw. Wortfragmente tritt vermehrt bei Kindern mit einer LRS auf. Auch die Fehlerinkonstanz ist ein weiteres Kennzeichen beim Schreiben bei Kindern mit LRS. Die Fehlerinkonstanz bedeutet, dass gleiche Wörter unterschiedlich fehlerhaft geschrieben werden. Vorwiegend treten diese Fehler vermehrt bei Diktaten und Aufsätzen auf, eher weniger beim Übertragen von Texten.

Die LRS ist wie die Dyskalkulie als eine Teilleistungsstörung anzusehen. Hierbei erzielen die betroffenen Kinder im Bereich des Lesens und Schreibens unterdurchschnittliche Leistungen. In anderen Bereichen können sie altersentsprechende Leistungen erzielen und besitzen eine durchschnittliche (oder auch leicht überdurchschnittliche) Intelligenz. Rund vier bis sieben Prozent der Kinder haben eine LRS. Dabei sind Jungen zwei bis vier Mal häufiger betroffen als Mädchen. Da die LRS bei rund 38 Prozent der Betroffenen die LRS bis ins Erwachsenenalter bestehen bleibt, ist es wichtig diese frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um das Persistieren zu vermindern bzw. zu verhindern. Bei über der Hälfte der Betroffenen liegt eine Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache zu Grunde. Nur bei einem geringen Prozentsatz (fünf bis zehn Prozent) liegt eine Beeinträchtigung der visuell-räumlichen Wahrnehmung zu Grunde. Auch ist die Behandlung von LRS wichtig, um Begleit- bzw. Folgeerkrankungen wie emotionale Störungen und Verhaltensauffälligkeiten zu verhindern. Der derzeitige Erkenntnisstand der Forschung geht von einem hohen genetisch bedingten Anteil bei LRS aus. Es wird von einer genetisch bedingten Hirnreifungsstörung ausgegangen.

In der Ergotherapie wird der Fokus der Behandlung zunächst auf grundlegende Störungen gerichtet, wie häufig auftretende Aufmerksamkeitsstörungen oder auch selten auftretende visuell-räumliche Wahrnehmungsstörungen. Weiterführend wird am lautgetreuen Schreiben gearbeitet. Hierbei wird das silbenweise Mitsprechen des zu schreibenden Wortes forciert. Im nächsten Schritt werden Rechtschreibregeln exemplarisch mit Wörtern vermittelt, sodass der Zugriff auf die Rechtschreibregeln beim Schreiben automatisiert wird. Dies ist jedoch ein langer Prozess. Häufig werden vor dem lautgetreuen Schreiben und dem orthografischen Schreiben zunächst spielerische Übungen durchgeführt, welche dazu dienen den Stress und damit entstehenden Druck beim Lernen zu vermeiden. Zu diesen Übungen gehört: Das Reimen, Silben bilden, aus Lauten Wörter bilden sowie umgekehrt Wörter in Silben bzw. Laute zu zerlegen, genaues Zuhören um das Textverständnis zu fördern, als auch das Entwickeln von kleinen Dialogen, zur Verbesserung der Artikulationsfähigkeiten. Diese vorgestellten Übungen können Eltern auch spielerisch zu Hause anwenden, um ihr Kind gezielt zu fördern.

Mit freundlichen Grüßen | Juliane Kugler | Dr. Frank & Partner Berlin