Im dritten Teil wird nun die Neuroplastizität an den Arbeitsbereichen der Orthopädie und der Geriatrie verdeutlich sowie die Grenzen der Neuroplastizität aufgezeigt.
5. Orthopädie
Im Zusammenhang mit Schmerzen hat die Neuroplastizität einen besonderen Standpunkt. Erlebt eine Person einen Schmerz über einen längeren Zeitraum, wirkt dies wie ein Training und eine Verbindung zwischen der Bewegung und dem Schmerz wird aufgebaut. Besteht nun diese Verbindung, braucht es einen kleinen Reiz (hier: Bewegung), und sofort wird die Verbindung mit dem Schmerz aufgebaut. Der Betroffene spürt den Schmerz bei der Bewegung schneller und stärker, weil bereits eine starke Verbindung „Autobahn“ gebaut wurde. Er hat den Schmerz also erlernt. Schlussendlich führt dies zu chronischen Schmerzen. Was bedeuten kann, dass der Betroffene einen Schmerz verspürt, der aber gar nicht mehr existiert, weil der Schaden bereits abgeheilt ist. Da aber erlernt wurde, dass die Bewegung Schmerzen verursacht, wird der Schmerz weiterhin empfunden, obwohl keine körperliche Schädigung mehr vorliegt.
In der Ergotherapie steht deshalb im Zentrum, dem Betroffenen den Zusammenhang zwischen Schmerzen und Neuroplastizität zu erklären. Somit kann anschließend die bestehende Verbindung wieder abgebaut werden. Dies geschieht indem die schmerzauslösende Bewegung nur so stark ausgeführt wird, dass kein Schmerz entsteht. Dies wird langsam gesteigert, damit der Patient und dessen Gehirn wieder lernen, dass diese Bewegung keine Schmerzen auslöst.
6. Geriatrie
Obwohl der Körper im Alter abbaut, besteht die Neuroplastizität bis ins hohe Alter. Zum bilden neuer Verknüpfungen benötigt es wahrscheinlich mehr Zeit als bei jungen Erwachsenen, was aber nicht nachgewiesen werden konnte. Es zeigte sich in Studien jedoch, dass Lernvorgänge die Stammzellen aktivieren, aus welchen dann neue Nervenzellen entstehen. Eine aktive und vielseitige Lebensführung ist deswegen bis ins hohe Alter sehr wichtig. In der Ergotherapie wird im geriatrischen Bereich oft präventiv oder funktionserhaltend gearbeitet, was durch Stammzellenaktivierung durchaus realistisch erscheint.
7. Grenzen der Neuroplastizität und Schlussfolgerung
In den drei Artikeln wurden schwerpunktmäßig die Vorteile der Neuroplastizität aufgezeigt, jedoch auch einige Nachteile ersichtlich. Durch die Lernfähigkeit des Gehirns können auch Muster erlernt werden, welche eine Beeinträchtigung für den Betroffenen bedeuten. Man denkt an das Erlernen eines Zwangsverhaltens oder das Erlernen eines Schmerzes. Durch die Lernfähigkeit des Gehirns können diese Muster wieder umgelernt werden, was aber einen hohen Aufwand bedeutet.
Eine weitere Grenze besteht im aktuellen Forschungsstand. Im Bereich der Hirnforschung wird sehr viel erforscht, dennoch bestehen noch sehr viele Unklarheiten. Deswegen kann dieser Artikel als momentaner Stand der Forschung angesehen werden, welcher sich aber durchaus wieder verändern kann.
Ich hoffe ich konnte mit diesem dreiteiligen Artikel einen Einblick in das komplexe Gebiet der Neuroplastizität geben. Ebenso hoffe ich, dass die Betroffenen dadurch Motivation für Veränderungen und die Therapie erhalten.
Mit freundlichen Grüßen | Natalie Scheuermeier | Dr. Frank & Partner Zürich