Als ich neulich durch den Supermarkt spazierte, sah ich ein ca. 12-15 Monate altes Kind im Einkaufswagen sitzen. Der kleine Junge war eifrig damit beschäftigt Laute wie „da“, „Ja“ usw. zu äußern. Auch gelang es ihm in mitten dieser Lautmalerei, einzelne Gegenstände zu benennen. Es war faszinierend zu beobachten, wie der kleine Junge mit seinen ersten verbalen Äußerungen Passanten im Supermarkt zu einem Lächeln bewegte.
Diesen alltäglichen Augenblick nahm ich zum Anlass, um in einem kurzen Artikel über die kindliche Sprachentwicklung zu informieren. Man spricht heute von den sogenannten Meilensteinen der Sprachentwicklung:
2 bis 3 Monate: Das Kind zeigt einen Wechsel von Schrei- und Lallperioden
3 bis 5 Monate: Es kommt sowohl zu einer quantitativen, als auch qualitativen Zunahme des Lallens
5 bis 6 Monate: Das Kind ist jetzt in der Lage erste Lalldialoge und Lallworte zu äußern
ab 12 Monate: Laute gehen langsam zu Wörtern über und das Kind beginnt in der sog. Verbalphase mit Äußerungen von sinnesbezogenen Einzelworten
24 Monaten: In dieser Phase wächst der kindliche Wortschatz pro Tag deutlich an und Kinder beginnen in 2 Wortsätzen zusprechen.
36 Monate: Kinder verwenden in ihrem täglichen Sprachgebrauch nun vermehrt 3 Wortsätze und formulieren nun auch abstrakte Begriffe wie „Liebe, Freude, Angst“ etc.
48 Monate: Mit 4 Jahren beherrschen die Kindergartenkinder nun Einzellaute und Lautverbindungen. Sie nutzen nun die volle Bandbreite ihres sprachlichen Könnens und bevorzugen die typischen Warum-Fragen gegenüber den Erwachsenen.
Wesentliche Grundlage dieser Entwicklung sind ein normales Hörvermögen, eine gesunde Stimme und mundmotorische Fähigkeiten, die beim Essen und Trinken des Kindes deutlich werden.
Viele Eltern fragen sich jedoch „Was ist wenn es zu Abweichungen der sprachlichen Meilensteine kommt oder gar der Spracherwerb stockt?“ Nach den Angaben des Bundesverbandes der deutschen Sprachtherapeuten haben etwa sieben von hundert Kindern Schwierigkeiten, ihre Muttersprache altersgemäß und richtig zu erlernen. Kinder mit einem verspäteten Sprachbeginn werden dabei häufig als sog. „Late Talker“ bezeichnet. Der Wortschatz dieser Kinder umfasst im Alter von 2 Jahren weniger als 50 Wörter und sie sind nicht oder nur sehr begrenzt in der Lage Wortkombinationen zu bilden. Manche “Late Talker“ holen bis zu ihrem dritten Lebensjahr diesen Sprachentwicklungsrückstand vollständig auf und entwickeln sich im Weiteren Verlauf völlig normal. Der andere Teil dieser Kinder schafft jedoch diesen Anschluss nicht und zeigt bereits nach dem dritten Geburtstag die Symptome einer spezifischen Sprachentwicklungsverzögerung. Häufige Kriterien (nach den Angaben des Bundesverbandes der deutschen Sprachtherapeuten) sind dabei:
- der Beginn der Sprachentwicklung ist bereits im Kleinkindalter verzögert und verläuft in der weiteren Entwicklung verlangsamt
- der sprachliche Entwicklungsprozess stagniert
- der sprachliche Wissensbereich ist in verschiedenen Bereichen qualitativ beeinträchtigt, also etwa bezüglich der Aussprache, der Grammatik oder des Wortschatzes
- Aus den sprachlichen Defiziten resultiert ein nicht alterentsprechendes eingeschränktes Kommunikationsvermögen des Kindes
Bei den genannten Kriterien der Sprachentwicklungsverzögerung kommt schnell die Frage auf „Sind die Eltern schuld?“ Und natürlich gibt es solche Kinder, die aufgrund ihrer Lebensbedingungen zu wenig von Sprache umgeben sind und zu wenige Möglichkeiten erhalten, diese zu erlernen. Aber generell ist zu beobachten, dass die Eltern von sprachentwicklungsverzögerten Kindern genauso oft wie die Eltern normal entwickelter Kinder mit ihren Sprösslingen kommunizieren. Die betroffenen Kinder können nur von dem Gehörten häufig aufgrund von neuroanatomischen Veränderungen weniger profitieren. In derartigen Fällen empfiehlt sich möglichst frühzeitig mit einer Sprachtherapie zu beginnen. Die Kinder werden hierbei individuell gefördert und arbeiten mit externer Unterstützung gezielt in den jeweiligen sprachlichen Bereichen.
Wenn diesen Kindern Wörter und Sätze leichter über die Lippen gehen, legen sie schließlich auch Unsicherheiten und Ängste ab und finden den richtigen Weg zur sozialen Kommunikation.