Das Lernen am Modell wurde 1950 von Albert Bandura in Standfort (USA) entdeckt und erforscht. Während Bandura an einer Studie arbeitete, die sich mit Aggressivität bei Kindern und dem Zusammenhang des Familienmusters beschäftigte, stieß er auf die zentrale Rolle des Lernens am Modell bei der Persönlichkeitsentwicklung.
Lernen am Modell beschreibt eine Lerntheorie, bei der nicht durch eigene Erfahrung gelernt wird, sondern dadurch, dass das Verhalten anderer Personen (Modelle) beobachtet wird.
Der Lernende ist hierbei Beobachter, der Beobachtete dann das Modell oder Leitbild.
Dieser Lernprozess findet nur unter bestimmten Voraussetzungen statt, wie die weitgehende Identifikation des Beobachters mit dem Modell. Ein Beispiel hierfür wäre, dass eine Tochter mit 4 Jahren sich deutlicher mit ihrer Mutter identifiziert als mit dem Vater und daher auch gern einmal den Lippenstift der Mutter ausprobieren möchte.
Durch das Lernen am Modell ist der Mensch in der Lage, sich auch komplexe soziale Handlungen anzueignen. Der Mensch wird hierbei von einem Modell beeinflusst. Dieses Modell kann sowohl eine konkrete Person (wie der Vater) als auch beispielsweise eine Person in einem Film oder Buch sein. Durch das Betrachten eines Modells, wird der Lernende dazu angeregt, bestimmte Möglichkeiten, zu reagieren und sich zu verhalten genauer zu hinterfragen.
Die Bewegungsausführung ist für das Lernen am Modell nicht nötig. Dieser Aspekt ist vor allem im Zusammenhang mit dem heute oft diskutierten Erlernen von Aggressionsmustern durch Beobachtung etwa in Filmen oder anderen Medien zu beachten. Denn das Nachmachen (Modifizieren) des gesehenen Verhaltens, welches durch das Beobachten entsteht, muss nicht sofort zur Ausführung kommen, sondern kann auf unbestimmte Zeit gespeichert werden.
Albert Bandura führte in einem Laborexperiment mit 96 Kindern im Vorschulalter eine Untermauerung seiner Theorie des Lernen am Modells durch. Dazu wurden die Kinder in fünf Gruppen eingeteilt, von denen
- die erste Gruppe eine erwachsene Person beobachtete, die einer Plastikpuppe körperlich und verbal aggressiv zusetzte.
- Die zweite sah die gleiche Szene als Film,
- Die dritte sah dieselbe Darbietung als Trickfilm.
- Die vierte Gruppe sah einen Film, in dem der Erwachsene keinen aggressiven Handlungen nachging
- Die fünfte Gruppe schließlich erhielt gar keine Darbietung.
Daraufhin wurden alle Kinder durch die Wegnahme ihres momentanen Spielzeugs gereizt und in einen Raum gebracht, der unter anderem die gleiche Plastikpuppe enthielt, die während der Darbietung verwendet wurde.
Es wurde deutlich, dass die Kinder denen aggressives Verhalten in der Darbietung gezeigt worden war, nun auch in der darauffolgenden Spielsituation eindeutig mehr aggressives Verhalten zeigten, als die Kinder denen ein nicht-aggressives Verhalten oder gar keine Darbietung vorgestellt wurde.