Mütter fühlen, sehen und riechen ihr Baby. Dabei empfinden sie gleich nach der Geburt eine große Zuneigung zu ihm. Dies ist wohl der Beginn einer intensiven Liebesgeschichte. Normalerweise wollen Mütter ihr lang ersehntes Baby auch gleich in die Arme nehmen, nähren und umsorgen. Beginnt sich zwei bis drei Tage nach der Geburt bei der Mutter die Milch zu bilden, fördern ausgeschüttete Hormone diese intensive, emotionale Bindung zusätzlich. Als eine wichtige Vorraussetzung für eine innige Bindung ist stets der enge körperliche Kontakt zum Kind. Auf dieser Basis kann das Neugeborene dann wachsen und gedeihen. Oft signalisieren Neugeborene ihr Bedürfnis nach Nähe und Zuneigung z.B. durch weit geöffnete Augen, ihre Körperhaltung und durch Bewegungen der Arme und Beine.

TelefonkontaktZum Thema Bindungs- und Explorationsverhalten unternahm die Wissenschaftlerin Mary Ainsworth ein Experiment, um einzelne Bindungstypen zu differenzieren und zu bestimmen. Die Testsituation ergaben sich aus 12-18 Monate alten Kindern mit typischen Gegebenheiten:

  • Mutter und Kind betreten einen Raum mit Spielzeug
  • Das Kind wird zu den Spielzeugen gesetzt. Die Mutter setzt sich auf einen Stuhl und wartet bzw. liest eine Zeitschrift.
  • Eine fremde Person betritt den Raum. Sie unterhält sich zuerst mit der Mutter, dann spielt sie eine Weile mit dem Kind.
  • Die Mutter verlässt für eine Weile den Raum und lässt ihre Handtasche zurück.
  • Die Mutter kommt wieder in den Raum und begrüßt das Kind

Das aus diesem Experiment entstandene Verhalten des Kindes wird beobachtet und bewertet. Wichtig sind in erster Linie die kindlichen Reaktionen in den Trennungs- und Wiedervereinigungsmomenten, um individuelle Unterschiede in der Bewältigung von Trennungsstress festzustellen.

Mary Ainsworth unterscheidet dabei 4 Bindungstypen:

a) Der sicher gebundene Typ,

bei dem normal entwickelte Gefühle von Sicherheit und Vertrauen zu erkennen sind. Das Verhalten des Kindes in diesem Experiment machte deutlich, dass das Kind in der Anwesenheit der Mutter den Raum erkundete und immer wieder den Blickkontakt zur Mutter suchte. Als ein Fremder den Raum betritt und die Mutter den Raum verlies, wartete das Kind ab. Es nahm im weiteren Verlauf Kontakt zum Fremden auf, spielte verhalten weiter und freute sich dann über die Rückkehr der Mutter. Die Mütter dieser Bindungstypen sind meist zu ihren Kindern einfühlsam und feinfühlig. Sie gewähren ihren Kindern Schutz und Nähe bei Bedarf und geben ihren Kindern gleichzeitig aber auch altersgemäße Freiräume, um die Umwelt zu erforschen. Die Mutter hält sich dennoch immer in der Nähe des Kindes auf und vermittelt ihm so ein Gefühl von Sicherheit.

b) Der unsicher vermeidende Typ

In diesem Experiment war zu beobachten, dass das Kind ein hohes Erkundungsverhalten zeigte (räumte Regale aus; packte Sachen aus), jedoch den Kontakt zur Mutter kaum suchte. Das Kind zeigte dabei nicht, dass es ihn störte, wenn die Mutter den Raum verlies und fremde Personen wurden ignoriert. Auch die Rückkehr der Mutter löste bei dem Kind keine emotionale Regung aus und es schien so, als wäre dem Kind jegliche Art von Körperkontakt unangenehm. In der Verhaltensweise der Mutter zu ihrem Kind konnte beobachtet werden, dass die Mutter ebenfalls auch in unsicheren und ängstlichen Situationen die Nähe zu ihrem Kind vermied. Auch wenn das Kind Schutz suchte, schob die Mutter das Kind weg und schenkte ihrem Kind wenig Aufmerksamkeit.

c) Der unsicher ambivalente Bindungstyp

Es war in diesem Falle zu erkennen, dass die Kinder auf die Trennung der Mutter sehr extrem und unsicher reagierten, obwohl die Mutter im Raum nur einige Schritte von ihrem Kind entfernt waren. Die Kinder zeigten kaum Erkundungsverhalten und wenn dann nur in unmittelbarer Nähe der Mutter. Als die Mutter dann den Raum verlies, reagierten die Kinder mit extremen emotionalen Ausbrüchen und konnten sich auch nicht durch Fremde trösten lassen. Als dann die Mutter den Raum wieder betrat, klammerten sich die Kinder einerseits an der Mutter fest und reagierten andererseits mit Wut und Aggression. Typische Verhaltensmuster der Mütter sind ebenfalls, dass sie einerseits zu ihren Kindern sehr liebevoll sind, aber andererseits unerwartet auch schnell verärgert und distanziert werden. Den Kindern dieser Eltern fällt es diesbezüglich schwer, einzuschätzen wann und in welcher Situation die Eltern wie reagieren. Sie wollen sich deshalb ständig für den Notfall absichern und richten deshalb ihre Hauptaufmerksamkeit auf die Bezugsperson

d) Der desorganisierte Typ

Das Kind zeigte in diesem Falle kaum Exploration- oder Bindungsverhalten. Als die Mutter den Raum verlies, verblieb das Kind in einer Starre oder zeigte Widersprüchlichkeiten im Spiel. Auch fremde Personen wurden von dem Kind kaum wahrgenommen. Die Verhaltensmuster der Kindsmutter spiegeln wiederum extreme Verhaltenweisen wieder, die beim Kind Angst auslösten. Auch versuchte meist das Kind Bindungsverhalten aufzubauen, wozu die Mutter meist nicht in der Lage war.

Durch die Forschung konnte der elterliche Umgang mit Neugeborenen/Kindern besser reflektiert und hierdurch verbesser werden. Unabhängig vom Verhalten ist jedoch wohl das Elementarste für eine gesunde Entwicklung, dass das Kind eine feste Bezugsperson hat, bei der es bedingungslose Zuneigung und Liebe erfährt.