Das Thema der Arbeitszufriedenheit und damit verbundene positive oder negative Konsequenzen gewinnen immer mehr Bedeutung. Auch in der Ergotherapie trifft man die Thematik der Wechselwirkung zwischen Gesundheit und Arbeit immer mehr an. Da stellt sich die Frage, wie kann eine hohe Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation erreicht werden?

Frederick Herzberg entwickelte die Zwei-Faktoren-Theorie, die eine Theorie zur Arbeitsmotivation und -zufriedenheit darstellt. Um eine möglichst hohe Arbeitsmotivation beziehungsweise Arbeitszufriedenheit zu erreichen, benannte er zwei Faktoren:

1. Motivatoren

Die Motivatoren beziehen sich auf den Inhalt der Arbeit und beeinflussen die Motivation zur Arbeit und verändern demnach die Zufriedenheit. Ein Wegbleiben der Motivatoren führt aber nicht automatisch zu einer Unzufriedenheit. Motivatoren sind beispielsweise:

  • Leistung
  • Erfolg
  • Anerkennung
  • Arbeitsinhalte
  • Verantwortung
  • Aufstieg
  • Wachstum

2. Hygienefaktoren

Die Hygienefaktoren beziehen sich auf den Kontext der Arbeit. Sind solche Hygienefaktoren negativ vorhanden, führt dies zu einer Unzufriedenheit. Wenn die Hygienefaktoren jedoch positiv vorhanden sind, verhindert dies die Entstehung von Unzufriedenheit. Dies führt jedoch nicht automatisch zu einer Zufriedenheit. Hygienefaktoren sind beispielsweise:

  • Entlohnung
  • Gehalt
  • Führungsstil
  • Arbeitsbedingungen
  • Beziehungen zu Vorgesetzten und Mitarbeiter
  • Sicherheit
  • Einfluss auf das Privatleben

Einige Motivatoren können auch als Hygienefaktoren gelten und umgekehrt. Die Einordnung hängt von der spezifischen Situation ab.

Diese zwei Faktoren müssen also als zwei unabhängige Eigenschaften betrachtet werden. Um eine Arbeitszufriedenheit zu erleben, müssen der Theorie nach, beide Ausprägungen vorhanden sein. Eine Zufriedenheit wird also nicht erreicht durch das Wegbleiben einer Unzufriedenheit und umgekehrt.

Durch die Kombination von Motivatoren und Hygienefaktoren sind demnach vier Situationen möglich. Als Beispiel wird hier als Motivatoren Verantwortung und Erfolg angesehen. Als Hygienefaktoren werden Arbeitszeit und Entlohnung betrachtet.

1. Hohe Hygiene (geregelte Arbeitszeiten und hohe Entlohnung) und hohe Motivation (viel Verantwortung und viel Erfolg):

  • Idealsituation indem Mitarbeiter hochmotiviert sind und wenig Beschwerden haben.

2. Hohe Hygiene (geregelte Arbeitszeiten und hohe Entlohnung) und geringe Motivation (kaum Verantwortung und wenig Erfolg):

  • Die Mitarbeiter haben kaum Beschwerden, sind aber nicht motiviert.

3. Geringe Hygiene (unregelmässige, hohe Arbeitszeiten und geringe Entlohnung) und hohe Motivation (viel Verantwortung und viel Erfolg):

  • Die Mitarbeiter sind motiviert, haben aber viele Beschwerden.

4. Geringe Hygiene (unregelmässige, hohe Arbeitszeiten und geringe Entlohnung) und geringe Motivation (kaum Verantwortung und wenig Erfolg):

  • Die schlechteste Situation. Mitarbeiter haben viele Beschwerden und sind unmotiviert.

Aus dem Zusammenwirken dieser beiden Faktoren wird ersichtlich, dass sowohl die Motivatoren wie auch die Hygienefaktoren hoch gehalten werden müssen, damit die Arbeitsausführung langfristig sowohl für den Arbeitnehmer wie aber auch für den Arbeitgeber zufriedenstellend ist.

In der Ergotherapie ist das Wissen über dieses Modell von Wichtigkeit, da die Betroffenen häufig nicht erkennen, wo die Schwierigkeiten liegen. Besonders die Hygienefaktoren werden nur bei Mangel bemerkt, nicht aber wenn diese im positiven Rahmen liegen. Das Erkennen der Defizite ist für die Betroffenen sehr wichtig, da diese die Grundlage einer Veränderung und einer effizienten Gesprächsführung darstellen.

Kritiker der Theorie besagen, dass eine Unzufriedenheit auch ausschliesslich durch das negative Vorhandensein der Hygienefaktoren oder Motivatoren entstehen kann. Deswegen ist es für den Ergotherapeuten sehr wichtig, jede Situation individuell und detailliert zu betrachten, bevor ein Urteil gefällt werden kann.

Ich hoffe ich konnte damit die Zwei-Faktoren-Theorie erklären und einen Beitrag zur kritischen Analyse der Arbeitssituation leisten.

Mit freundlichen Grüßen | Natalie Scheuermeier | Dr. Frank & Partner Zürich