In der Ergotherapie kommen unterschiedlichste handwerkliche Techniken zum Einsatz. Dabei werden unterschiedliche Materialien gezielt eingesetzt.

Das kann jedoch nur erfolgen, wenn der Therapeut zuvor sich der Wirkungsweise der Materialien und deren Bedeutung bewusst gemacht hat. Zunächst sollte grundsätzlich bei dem Medium eine Analyse erfolgen, ob das Medium vorrangig den kognitiven Bereich oder den emotionalen Bereich anspricht. Die Holzbearbeitung ist mit vielen handwerklichen Vorkenntnissen und mit dem Einsatz von speziellen Werkzeugen verbunden und hat somit eine hohe kognitive Komponente. Ton hingegen lässt sich schnell modellieren und die handwerkliche Technik beinhaltet deutlich weniger umfangreiche Arbeitsschritte und spricht somit stärker den Gefühlsbereich an.

Die handwerklichen Vorkenntnisse des Patienten sollten auch bei der Wahl des Materials bedacht werden. Die verschiedenen Materialien wirken zum einen durch ihre Beschaffenheit (entspricht der Erlebnisqualität) und zum anderen durch die Möglichkeiten der Bearbeitung und Gestaltung. Hier ein Beispiel: Gipsbeton ist ein hartes, sprödes und kühles Material, welches mit Werkzeugen bearbeitet wird, in dem es zerteilt wird und Stücke abgenommen werden.

Die Wirkung der Materialien sollte bei der Auswahl beachtet werden und diese Wirkung sollte zielgerichtet eingesetzt werden. Das Bearbeiten und Gestalten mit Medien dient der Aktivierung von Erlebnisprozessen, der Ermutigung und somit der verbesserten Selbsteinschätzung und ‑wahrnehmung und regt zudem die Selbstheilungstendenzen an. Es dient dem Ziel, Einblicke in die eigene Erlebnis- und Reaktionsweisen zu erhalten und Zusammenhänge zwischen den Verhaltensweisen, der Entwicklung und den Symptomen zu erkennen. Zusätzlich fördert der Umgang mit Materialien die Wahrnehmung (Farbe, Form, Größe).

Bei freien Aufgaben mit freien Gestaltungsmöglichkeiten stellt der Schaffende sich selbst dar. Seine Emotionen, seine Ängste als auch Hoffnungen werden in das Objekt projiziert und durch das bewusste Formen spiegelt das Ergebnis das eigene Ich. Zum einen kann der Prozess des Gestaltens Freude und Erleichterung schaffen, aber auch dient der Prozess zum sich Kennenlernen, zur Selbstwahrnehmung und somit zur Identifizierung.

Mit geschlossenen Aufgabenstellungen werden vorrangig Zielsetzungen umgesetzt, welche zur Erweiterung von Fähigkeiten und Fertigkeiten dienen als auch kognitive Kompetenzen zu fördern, wie z.B. die Handlungsplanung.

Vorrangig werden handwerkliche Techniken bei zwei Methoden der Ergotherapie eingesetzt; bei der kompetenzzentrierten Methode und der ausdruckszentrierten Methode. Die Aufgabenstellung ist häufig bei der kompetenzzentrierten Methode geschlossener formuliert als bei der ausdruckszentrierten Methode, welche eher offen gestellt wird. Anhand der therapeutischen Zielsetzung kommt eine der beiden Methoden zum Einsatz. Die Zielsetzungen können sowohl den kognitiven Bereich als auch den emotionalen Bereich betreffen.

Im Anschluss an die Fertigstellung sollte eine Nachbesprechung erfolgen und eine Deutung vorgenommen werden. Bei der Deutung sind jedoch die Grenzen des Patienten zu berücksichtigen. Die Deutung durch den Therapeuten sollte nicht zu ausführlich vorgenommen werden und seine persönlichen Anteile in der Deutung sollten unbedingt beachtet werden. Insgesamt ist bei der ausdruckszentrierten Methode mit dem Einsatz von Handwerk die Abgrenzung zur Gestaltungs- und Kunsttherapie zu beachten.

Mit freundlichen Grüßen | Juliane Kugler | Dr. Frank & Partner Berlin

16 Responses to Einsatz von Handwerk in der Ergotherapie
  1. Ich habe mit einem Kind, das eine diagnostizierte Dyskalkulie hat, einen Peddigrohrkorb begonnen. Besonders in der Planungsphase ergaben sich viele Schwierigkeiten. Das Kind (6. Klasse) sollte die Stakenlänge berechnen, den passenden Abstand der zu bohrenden Löcher erfassen und die einzelnen Handlungsschritte merken. Beim Flechten ergaben sich Schwierigkeiten in der Raum-Lage- und der Figur-Grund-Wahrnehmung. Das besserte sich deutlich mit Automatisierung des Flechtprozesses, förderte aber gleichzeitig auch ihre Defizite. Sie geht nun mit sehr viel Selbstvertrauen an die Tätigkeit und ist stolz auf ihr eigenes Handeln.

  2. Ich finde es sehr schön, wenn man mit Patienten auch etwas sinnvolles herstellt das der Patient dann auch gebrauchen kann oder eventuell als Geschenk nutzen kann. Dies steigert die Motivation während des Herstellungsprozesses.

  3. Ich finde gerade das spielerische Elemnt darf in diesem Zusammenhang gar nicht erst verloren gehen. Das Kind lernt schneller und effinzienter wenn dies spielerisch passiert. Wenn das Interesse des Kindes geweckt werden kann, fällt es ihm leichter Dinge zu verstehen und anzunehmen.

  4. Gerade bei Kindern finde ich es auch wichtig zu schauen was sie denn interessiert, was ihnen Spass macht und ihnen dann die Möglichkeit zu geben diese Dinge auszuprobieren. So können sie sehen wie etwas entsteht, sieerleben wie sie etwas eigenes schaffen können und wie wir wissen lernen die Kinder durch ja durch das Spiel.

  5. Oftmal ist es der Fall, dass die Therapeutin/Therapeut den Patienten Handwerkliches Therapiematerial anbietet, für welches sie/er besonders Erfahrung hat.Wie in dem Artikel geschrieben ist, ist es auch wichtig besonders die Handwerkliches Vorkenntnisse des Patienten in der Therapie zu berücksichtigen.

  6. Und vorallem lernen sie solche Dinge wie Geduld und Ausdauer bei einem Projekt. Das sind alles Dinge, die sie auch im weiteren Leben brauchen, wie zum Beispiel in der Schule. so fördere und fordere ich mein Kind schon zu hause im eigenen Wohnzimmer.

  7. Man sollte die Kinder schon ganz früh mit handwerklichen Beschäftigungen vertraut machen. Natürlich sollte das altersgerecht stattfinden zB.gemeinsames Basteln von Weihnachtsdekoration oder Eichel- und Kastanienmännchen. Mit älteren kann man dann Flugzeugmodelle bauen, wobei sie lernen sauber und geduldig zu arbeiten. So werden die Kinder an richtiges Handwerk behutsam rangeführt.

  8. Ber ist nicht gerade dann der Eindatz von solchen Medien wichtig, um dem Kind auch Verantwortung für sein handeln zu vermitteln. Ich denke sowas sollte individuell entschieden werden, da der Einsatz der Medien die Eigenverantwortung fördern kann. Das ich das Medium allerdings nicht bei jedem Kind einsetzen kann, kann ich mir auch vorstellen.

  9. Auch im pädiatrischen Bereich kann das Handwerk als Medium nicht uneingeschränkt angewendet werden. Bei fehlendem adäquaten Einschätzen von Risiken würde ich Holz nicht anwenden auf Grund des erhöhten Verletzungsrisikos durch die Werkzeuge. Ebenso bei Kindern mit inadädquatem Regel- und Strukturverhalten kann der Arbeitsschutz nicht in vollem Umfang gewährleistet werden.

  10. Das kann ich nur bestätigen. Während der Arbeitsphase am Werkstück kann sich in einer Gruppe sehr gut ausgetauscht werden. So wird die soziale Interaktion gefördert und Kommunikation trainiert. Durch die Wahrnehmung der Werkstücke der anderen Gruppenmitglieder ist dem Patienten die Möglichkeit zur Selbstreflexion gegeben und er kann sein Gegenüber spiegeln.

  11. Mir fehlt ein wenig die interaktionelle Methode, da gerade handwerkliche Medien innerhalb einer Gruppen- oder Projektarbeit, zu Wiederherstellung bzw. zum Neu-erlangen sozialer Fertigkeiten dient. Gerade hierbei können die Konflikt- und Kompromissfähigkeit erlernt und die Eigen- und Fremdwahrnehmung geschult werden.

  12. Die Therapiemedien sollten je nach Störungsbild und Verlauf (momentanen Zustand) des Patienten gewählt werden. Beispielsweise würde ich bei einem Patienten innerhalb einer depressiven Episode kein Holz anbieten, da dieses Medium ein zu hohes Maß an Frustrationstoleranz fordert und es sich hierbei häufig um monotone Einzelschritte handelt. Erst wenn der Patient ein gewisses Maß an Stabilität erreicht hat, kann man ihm auch dieses Medium anbieten. Genauso verhält es sich bei Zwangsneurosen. Beispielsweise bei einem Waschzwang sollte man den Patienten nicht sofort mit Medien wie Ton konfrontieren. Des Weiteren sollte man bei orthopädischen Krankheitsbilder wie Arthrose oder Arthritis Schlagbewegungen vermeiden, wodurch folglich nicht alle Medien anwendbar sind.

  13. Ich denke bei einer Reflektion kann jedes Thema gefragt werden .. Oder auf andere Fragen geantwortet werden, welche Therapiemedien können sie sich den als Therapeut nicht vorstellen .. ?

  14. Kann ich jedes Material bei jedem Patienten anwenden oder sollte ich gewisse Fakten beachten?
    Worauf muss ich bei der Auswahl genau achten?

  15. Dem Patienten sollte keine Deutung durch den Therapeuten auferlegt werden. Bei der ausdruckszentrierten Methode sollten vorrangig Fragen zum Prozess (des Erlebens) gestellt werden. Bei der kompetenzzentrierten Methode sollte die erworbenen und beübten Fähigkeiten und Fertigkeiten im Vordergrund der Reflexion stehen.

  16. Wie sollte gezielt die Nachbesprechung bzw. Reflexion aussehen? Welche Fragen darf man stellen und welche sollte man vermeiden?

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