Bei dem Rett-Syndrom handelt es sich um eine X-chromosomal vererbte Entwicklungsstörung, weswegen typischerweise Mädchen davon betroffen sind. Das Rett-Syndrom tritt relativ selten bei einer von 10.000/ 15.000 Geburten auf. Der Name stammt von dem Wiener Arzt Andreas Rett, der sich in den 60er Jahren intensiv damit beschäftigt und erstmals die Symptome beschrieben hat.
Diese sind teilweise sehr charakteristisch, wie z.B. Handstereotypen (die Kinder machen Bewegungen wie beim Hände waschen), Apraxie, Ataxie, Epilepsien, Skoliosen, autistische Verhaltensweisen, Atmungsauffälligkeiten, gestörtes Kommunikations- und Sprachverhalten.
Kinder und Erwachsene mit dem Rett-Syndrom sind ihr Leben lang geistig wie körperlich stark beeinträchtigt. Allerdings scheinen sich die Mädchen zunächst normal zu entwickeln und werden erst zwischen dem 6. Und 18. Monat entwicklungsauffällig. Bereits erlernte Fähigkeiten kommen zum Stillstand oder gehen sogar wieder ganz verloren. Nach Hagberg und Witt-Engerström lässt sich das Rett-Syndrom in vier Stadien einteilen.
Die erste Phase wird im Alter vom 6. bis zum 18. Monat angegeben. Hier ist besonders die motorische Entwicklung betroffen, welche wesentlich langsamer voran schreitet oder zum Stillstand kommt. Des Weiteren verlieren die Kinder immer mehr das Interesse an ihrer Umwelt, Aufmerksamkeit und Aktivität nehmen ab. Auch der Kopfumfang nimmt langsamer zu als bei gleichaltrigen Kindern.
Die zweite Phase zwischen 1. und 3./4. Lebensjahr ist charakterisiert durch den Verlust von bereits erworbenen Fähigkeiten (z.B. Krabbeln, Greifen, Laufen aber auch Sprache). In dieser Phase treten auch die typischen Handbewegungen des Waschens auf. Die Kinder ziehen sich immer mehr in sich zurück, sind isoliert und treten nur wenig in Kontakt mit der Umwelt. Die sensorische Integration ist gestört und Schreiphasen können plötzlich einsetzen. Auch Krampfanfälle treten häufig in dieser Phase erstmals auf.
Die dritte Phase wird zwischen dem 2. Und 10. Lebensjahr angegeben. In dieser werden die Mädchen oft ruhiger und die sozialen Kompetenzen verbessern sich. Das Interesse an der Umwelt nimmt zu, wodurch beispielsweise auch Fortschritte in der Kommunikation gemacht werden. Bereits bekannte Symptome bleiben weiterhin bestehen und können sich auch verstärken. Zunehmend deutlicher wird eine Apraxie und Ataxie, das Gangbild verschlechtert sich häufig.
Die vierte Phase beginnt ab dem 10. Lebensjahr. Das Sozial- und Kommunikationsverhalten verbessert sich nochmals und kognitive Fortschritte können gemacht werden. Die Motorik hingegen verschlechtert sich erneut, oftmals so weit, dass die Mädchen auf einen Rollstuhl angewiesen sind.
Die Lebenserwartung ist grundsätzlich nicht eingeschränkt, kann durch auftretende Symptome und Komplikationen jedoch beeinträchtigt werden.
Da es sich um eine erbliche Entwicklungsstörung handelt, ist keine heilende Therapie möglich. Behandelt werden somit die auftretenden Symptome. Dies kann sowohl medikamentöse als auch viele verschiede Therapieformen wie Ergotherapie, Physiotherapie, Hippotherapie, Musiktherapie usw. beinhalten.
Wichtig für die Kinder ist es, eine Umgebung und Umwelt zu schaffen, in der sie sich sicher fühlen können und die für sie vorhersehbar ist. Dazu gehören Rituale und klare gelichbleibende Handlungsabläufe. Diese können auch dazu genutzt werden, das Kind aktiv mit einzubeziehen.
Ebenfalls ist es wichtig, eine gute Kommunikationsstruktur zu schaffen, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, eigene Bedürfnisse auszudrücken. Hierbei wird oft auf die Möglichkeiten der unterstützen Kommunikation (z.B. GoTalk, Bildsymbole) zurück gegriffen.
Dies kann unter anderem im ergotherapeutischen Setting stattfinden. Ebenso wie andere alltägliche Aktivitäten wie z.B. essen und anziehen sowie grob- und feinmotorische Aspekte berücksichtigt werden sollten.
Mit freundlichen Grüßen | Judith Batti | Dr. Frank & Partner Zürich